Argentiniens Präsident und „Anarchokapitalist“ Milei will neue IWF-Milliarden-Verschuldung mit Eildekret durchpeitschen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Argentinien für neue Kredite einen jährlichen Zinssatz von 6,47 Prozent eingeräumt. Die Regierung des rechtsliberalen Staatschefs Javier Milei hat ein Eildekret (DNU) zur Ratifizierung der Vereinbarung erlassen und will es Anfang Mai in Kraft setzen. Der mit dem IWF ausgehandelte Zinssatz liegt fast fünf Prozentpunkte unter dem Wert, der aktuell aufWeiterlesen

Mär 22, 2025 - 13:49
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Argentiniens Präsident und „Anarchokapitalist“ Milei will neue IWF-Milliarden-Verschuldung mit Eildekret durchpeitschen

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat Argentinien für neue Kredite einen jährlichen Zinssatz von 6,47 Prozent eingeräumt. Die Regierung des rechtsliberalen Staatschefs Javier Milei hat ein Eildekret (DNU) zur Ratifizierung der Vereinbarung erlassen und will es Anfang Mai in Kraft setzen. Der mit dem IWF ausgehandelte Zinssatz liegt fast fünf Prozentpunkte unter dem Wert, der aktuell auf dem internationalen Markt verlangt wird. Er entspricht dem Zinssatz für die Rückzahlung der bisherigen 42 Milliarden US-Dollar Schulden. Die Opposition spricht von „Machtmissbrauch” und „Pflichtverletzung eines Amtsträgers”. Von Stephan Hollensteiner.

Nach Schätzungen von Analysten könnte das neue Abkommen dem Land bis zu 20 Milliarden US-Dollar an frischem Kapital zuführen. Die argentinische Regierung hat erklärt, dass diese u.a. zur Sanierung der Zentralbank verwendet werden sollen.

Bei der Opposition stößt das Abkommen auf Kritik. Der vormalige Wirtschaftsminister Martín Guzmán ging vor allem seinen Nachfolger Luis Caputo an: „Wie ist jemandem zu vertrauen, der bereits 45 Milliarden Dollar ergaunert und viele Schulden zurückgelassen hat?”, sagte er. Zudem habe man sich „schon oft die Finger verbrannt, weil die Schulden beim IWF letztlich den Spekulanten zugutekommen.”

„Die Regierung umgeht mit dem DNU den Kongress, weil sie es nicht vor dem Volk diskutieren will”, so Guzmán. Die angebliche „Dringlichkeit” der DNU sei aus gesetzgeberischer Perspektive nicht zu rechtfertigen. „Im Jahr 2022 brauchte der Kongress weniger Zeit als der IWF-Vorstand, um das Abkommen zu genehmigen”, erinnerte er.

Abgeordnete der Linksfront warnen davor, dass das Dekret die „demokratische Stabilität” und die „institutionelle Ordnung” gefährdet. Eine Gruppe von Abgeordneten der peronistischen Vereinigung für das Vaterland sieht im DNU „Machtmissbrauch” und „Pflichtverletzung eines Amtsträgers” gemäß Artikel 248 und 249 des Strafgesetzbuches.

Sie argumentieren, dass das Dekret gegen Artikel 75 und 76 der nationalen Verfassung verstößt, die vorschreiben, dass jede Verschuldung bei internationalen Organisationen vom Kongress genehmigt werden muss. Auch Art. 2 des Gesetzes zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Schulden sehe eine Genehmigung durch den Kongress vor. Die Regierung Milei dagegen meint, dass sich dies „nicht auf einzelne Vereinbarungen, sondern für grundsätzliche Genehmigung der von der Exekutive durchzuführenden Kreditoperation” bezieht.

Die Opposition fürchtet, dass die Maßnahme Mileis kommenden Wahlkampf finanzieren wird. Im Oktober wird rund die Hälfte der Sitze der Abgeordnetenkammer neu gewählt. Man dürfe sich nicht den Bedürfnissen der Präsidentenpartei beugen, so der Abgeordnete und Aktivist Juan Marino. Mileis Vorgehen sei „verfassungswidrig und illegal”.

Nach Einschätzung des Scalabrini-Ortiz-Zentrums für Wirtschafts- und Sozialstudien ist die neue Vereinbarung mit dem IWF die „letzte Karte im Ärmel der Regierung”, um die Wahlen ohne Finanz- und Währungskrisen zu erreichen. 2025 müssen 15 Milliarden US-Dollar zurückbezahlt werden. Die Summe könnte noch steigen, wenn die Zentralbank weiterhin Dollar verwendet, um die Wechselkurslücke einzudämmen. Dieses Modell sei offenbar nur durch eine Devisenspritze des IWF aufrechtzuerhalten.

Die Exekutive hat nun zehn Werktage Zeit, den Text dem Kongress vorzulegen, wo die Ständige Zweikammerkommission innerhalb weiterer zehn Werktage Stellung zu nehmen hat. Anschließend wird der Erlass im Repräsentantenhaus und im Senat beraten. Stimmt nur eine der beiden Kammern zu, ist er genehmigt, zur Ablehnung ist das Nein beider Kammern erforderlich.

Das neue Abkommen wäre das Dreißigste, das Argentinien mit dem IWF abschließt. Damit ist es seit dem IWF-Beitritt im Jahr 1956 das Land, das die meisten Verpflichtungen mit der Organisation unterzeichnet hat.

Dieser Artikel erschien zuerst auf Amerika21.

Titelbild: KI-generiertes Symbolbild (Grok3)